Das AKUT Festival in Mainz existiert seit 1987 und wird veranstaltet vom Verein upart e.V. . Stilistisch bewegt es sich im Bereich von „Zeitgenössisch“ bis „Avantgarde“. Im Jahr 2019 findet das zweitägige Fesitval wie gewohn im Frankfurter Hof in Mainz statt.
Akut Festival 2019 – Das Programm
Freitag, 15. November 2019 ab 19:00 Uhr
Gilbert Paeffgen Trio (CH, D)
Claude Meier: Acoustic Bass
Raphael Loher: Piano
Gilbert Paeffgen: Drums/Hackbrett
Klaviertrios gibt es im Jazz fast wie Sand am mehr. Es gibt sehr,
sehr viele sentimentale Trios. Und es gibt sehr, sehr viele trendige
Trios. Und dann gibt es noch ein paar wenige wirklich einzigartige
Trios: Sie besetzten eine sehr kleine Nische innerhalb einer sehr großen
Nische.
In dieser sehr kleinen Nische bewegt sich seit gut einem Vierteljahrhundert auch der Schlagzeuger Gilbert Paeffgen.
Weil er die meisten seiner Trio-Stücke auf seinem Zweitinstrument,
dem Hackbrett, komponiert, unterscheiden sich diese Stücke deutlich vom
„courant normal“ des Klaviertrio-Jazz; kommt hinzu, dass Paeffgen das
Hackbrett auch im Trio ab und zu auf hypnotische Weise zum Einsatz
bringt. Die Stücke Paeffgens oszilleren auf faszinierende Weise zwischen
folkloristischer Eingängigkeit und modernistischer Abstraktion – und
lassen sich letztlich keinem Genre eindeutig zuordnen. Mit anderen
Worten: Sie sind vieldeutig und facettenreich.
Paeffgen agiert als gleichermaßen sensibler und impulsiver „Primus inter pares“.
Er prägt den wunderbar transparenten Bandsound nicht nur durch sein
außerordentlich feinnerviges und vielfarbiges Schlagzeugspiel, sondern
natürlich auch durch die hypnotischen Tonkaskaden, die er dem Hackbrett
entlockt – nicht selten verschmelzen Klavier und Hackbrett zu
irisierenden Klangflächen.
Hier sind weltoffene Musiker am Werk, in deren Schaffen sich Forschungsdrang und Formbewusstsein die Waage halten. Mit Raphael Loher am Piano sowie dem Bassisten Claude Meier hat er zwei Musiker dabei, die mit Klarheit und Überblick für einen Schwebezustand zwischen Trance und Traum und Tanz sorgen. Weit entfernt von weltlichen Großstädten heißt Sie dieses Trio in seinem Universum zwischen Humus und Tau mit poetischem Schwung willkommen.
Elliot Galvin Trio (UK)
Tom McCredie: Double Bass
Elliot Galvin: Piano
Corrie Dick: Drums
Mit dem Elliot Galvin Trio tauchen wir ein in die aufstrebende Jazzszene Großbritanniens.
Galvin wurde bereits während des Studiums am renommierten Trinity
College of Music mit Django Bates verglichen, einem der wichtigsten
Masterminds des zeitgenössischen englischen Jazz. Mit ihm hat der
blitzsaubere Pianist und Komponist einen gewissen Hang zum Eklektizismus
gemeinsam.
Dieser macht weder vor klassischen Bezügen, Blues oder
Marschrhythmen, noch vor sakral anmutenden Stimmungen oder
freejazzartigen Ausbrüchen Halt. Galvins pianistische und
kompositorische Intelligenz ist gepaart mit Spielwitz, politischem
Bewusstsein und einem respektvoll-respektlosen Umgang mit der Tradition.
Mit Kreativität, Humor und verrückten Ideen steht das Trio für eine
junge Generation von Jazzmusikern die sich ungeniert am übervollen
Buffet aller Stile und Nicht-Stile bedient und daraus eine eigene
Ästhetik formt.
Elliot Galvin Trio
Tin Men & The Telephone (BG, NL, UK)
Tony Roe: Piano
Pat Cleaver: Bass
Bobby Petrov: Drums
Spannend wird es, wenn Tin Men & The Telephone das Publikum
interaktiv bei ihren Live Jazz-Electronics und Videos teilhaben lässt.
Mit der Hilfe einer extra für die Liveshows programmierten App und den
Smartphones der Konzertbesucher kann das Publikum das Konzertprogramm
nicht nur beeinflussen, sondern auch Teil davon werden.
Diese
Multimedia-Performances sind absolut sensationell! TM&T schillern in
den unterschiedlichsten Farben. Sie sind Hip-Hop Crew, Balkankapelle,
Kammermusikensemble, urbane Jazzer, die kompromiss-, aber niemals
humorlos knallhart Konventionsmauern einreißen.
Augenzwinkernd verwandeln sie in ihren multimedialen Shows Alltagsgeräusche in Klangwelten oder lassen das Publikum zu zeitgenössischer klassischer Musik mit dem Kopf nicken. In einer einzigartigen Mischung aus Musik, Projektion und Technologie erweitert das Tin Men-Trio das Vokabular improvisierter Musik und kommuniziert auf allen Sinnesebenen.
Samstag, 16. November 2019 ab 19:00 Uhr
Zur Schönen Aussicht (D)
Samstag, 16. November 2019 ab 19:00 Uhr
Paul Berberich: Saxophone
Joachim Wespel: Guitar
Florian Lauer: Drums
Mit Zur Schönen Aussicht kommen drei junge Musiker der „Dresdner Schule“ zu uns; Baby Sommer schaut ihnen dabei keck über die Schulter. Mit traumwandlerischer Sicherheit spielen sie ihren fetten Trio-Sound. Dabei geht es mit rasant wechselnden Tempi und überraschender Dynamik über Schleichwege, Panorama-Promenaden und Parcours.
Als Zuhörer staunt man und wird mitgerissen in eine Klangwelt voller Kuriositäten. Eine hoch konzentrierte, spannungsgeladene und zugleich entspannte Musiziersituation, deren Energie sich mitteilt und den kunstvollen Balanceakt der Drei zwischen durchkomponierten Themen und improvisatorischer Interpretation auf das nächste Level hebt, voll Leidenschaft, mit Fantasie und – natürlich – jenem handwerklichen Können, welches das Musizieren auf diesem hohen Niveau erst möglich macht.
Mia Dyberg Trio (DK, AT)
Mia Dyberg: Saxophone
Asger Thomsen: Double Bass
Rudi Fischerlehner: Drums
Mit dem Mia Dyberg Trio kommt eine junge, aufregende Altsaxophonistin nach Mainz, die mit ihren zwei Begleitern einen unvergesslichen und zum Nachdenken anregenden freien Jazz erschafft. Beeinflusst vom Beatautor William S. Burroughs, dem schonungsloser Erzähler, bringt das Trio seine Inspiration auf den Punkt und ist in Bezug auf Klarheit eindeutig. Die geschickte Phrasierung und Tonflexibilität der Saxophonistin drücken eine Vielzahl von Stimmungen und Texturen deutlich aus, und ihre melodische Vorstellungskraft sorgt dafür, dass jede Geste emotional bewegt.
Mit reaktionsschnellen Interaktion und einer ausdrucksstarken Spielweise liefert das Trio ein beeindruckendes Feeling. Die Stücke fangen die nachdenkliche Melancholie ein, die man erleben kann, wenn ein langer Abend Spaß macht. In dieser Freilaufmusik ist klar, dass Dyberg, während sie der Vergangenheit zustimmend zunickt, unerschütterlich in die Zukunft blickt.
Jaimie Branch „Fly Or Die“ (USA)
Jaimie Branch: Trumpet
Lester St.Louis: Cello
Jason Ajemian: Bass
Chad Taylor: Drums
Zum Abschluss spielt die Band Fly Or Die der Trompeterin Jaimie
Branch. Bis vor einiger Zeit noch ein Geheimtipp, so galt sie beim
letztjährigen Jazzfest in Berlin als die Entdeckung.
Ursprünglich im
Punk und Grunge verwurzelt, fand sie mit Ornette Colemans Album „The
Shape of Jazz to Come“, mit dem Trompeter Don Cherry ihren Zugang zum
Jazz.
Durch den Rückhalt in der Freejazzszene Chicagos, insbesondere
Fred Anderson, entwickelte sie ihren eigenen Stil. Mit der
unkonventionellen Besetzung Trompete, Cello, Bass und Schlagzeug trumpft
ihr Quartett nun mit einem exquisiten, akustisch geprägten Klangbild
auf.
Klar konturierte Melodien, die den Ausgangspunkt für bisweilen
eruptive Durchführungen und Fortschreibungen bilden, mit feinem Gespür
für Spieldramaturgie, Dynamik und Klanggestaltung. Fly or Die, entweder –
oder. „Im Jazz ist alles möglich“, sagt sie.